Thüringer Backwaren und regionale Köstlichkeiten dank LEADER-Förderung in neuer Ladentheke präsentiert
Wer in diesen Tagen vielleicht zum ersten Mal den wunderschönen Laden der Mühlenbäckerei in Schönborn betritt, kommt aus dem Staunen nicht heraus. In diesem kleinen Ort bei Triptis, im nördlichsten Zipfel des Saale-Orla-Kreises, duftet es so extrem verführerisch und der Verkaufsraum – in edlem Licht und rustikalem Charme – lädt zum Kosten, Kaufen und Genießen ein.
Mit Unterstützung eines regionalen Leader-Projektes, kofinanziert von der Europäischen Union, wurden in diesem Herbst zur besseren Präsentation der Backwaren eine neue Verkaufstheke sowie praktische Brotregale an einer beleuchteten Verkaufsrückwand angeschafft. Speziell für Backwaren optimierte Leuchtmittel und ganz besondere Lampenschirme – tatsächlich sind es original Sackstutzen aus der Schönborner Mühle und der Sonntag-Mühle in Weltwitz – beeindrucken die Kundschaft. Verweilen und sofort Genießen ist hier ausdrücklich erwünscht – direkt im Laden an der neuen Sitzecke oder ab dem Frühjahr wieder im schmucken Innenhof der Schönborner Mühle.
Seit 1890, und aktuell in der vierten Generation, wird hier Roggen zu Mehl und Schrot gemahlen. 1987 übernahm Lutz Riedel den Mühlenbetrieb von seinem Vater Helmut, der leider sehr jung und plötzlich starb. Die Idee, aus dem eigenen Mehl Brot zu backen, ergab sich mit der ganz und gar veränderten wirtschaftlichen Situation nach der deutschen Wiedervereinigung. Das heimische Mehl konnte preislich mit den Großanbietern nicht mehr konkurrieren, immer mehr Bäckereien in der Region schlossen. Aber wenn Oma Erna Riedel ihr köstlich-kräftiges Brot buk – da blieb kein Renftl übrig. Wieso also nicht selbst backen?
So bauten Lutz Riedel und Ehefrau Ina 1993 einen kleinen Laden in einem ehemaligen Stall aus und verkauften die ersten Brote. Die größeren Mengen Brote und Semmeln brachte Müller Riedel Woche für Woche höchstpersönlich zu seinen Kunden – mit einem flotten Transporter; vor allem nach Neustadt und Umgebung. Mit Unterstützung tüchtiger Handwerker aus der Region und einem holzbefeuerten Backofen nach traditioneller Bauart spezialisierte sich Lutz Riedel von Jahr zu Jahr mehr – als Müller und als Bäcker. Die Meisterausbildung als Bäcker schloss der Schönborner im Jahr 2002 erfolgreich ab. Zu den Broten kamen bald sehr verschiedene Brötchen, auch Kuchen, Stollen, Gebäck hinzu.
Was in der LEADER-Förderung ein „regionaler Anlaufpunkt zum Erwerb gesunder Lebensmittel“ genannt wird, ist ganz konkret eine Bäckerei mit Hofladen. Hier gibt es Öl, Senf und Eierlikör von heimischen Produzenten, Honig von Imkern der Umgebung, Porzellan und Töpferwaren von Brit Heide aus Triptis. Die kontinuierlichen Investitionen der Familie Riedel in Mühle und Bäckerei haben mittlerweile – neben Lutz Riedel – sieben Arbeitsplätze vor Ort geschaffen. „Unsere Idee aus der Wendezeit hat funktioniert, was uns sehr freut. Es kommen immer mehr Stammkunden aus der Region regelmäßig zu uns, aber auch Urlauber per Rad oder per pedes freuen sich, hier köstliche Backwaren zu bekommen“, sagt Mühlenbäcker Lutz Riedel stolz. LEADER-Manager Alexander Pilling von der Leader-Aktionsgruppe Saale-Orla gerät bei diesem Projekt ins Schwärmen: „Hier stimmen die regionalen Stoffkreisläufe. Getreide aus der Region wird in Schönborn gemahlen, direkt vor Ort zu Produkten hervorragender Qualität verarbeitet und ebenso direkt vermarktet und von Menschen der Region genossen – kurze Wege für Thüringer Spezialitäten.“
Und nun ist es Sohn Alfred Riedel, 20 Jahre jung, der die heimische Backtradition mit dem Brot-Geschmack Europas verbindet. Zwar hat er nach der Schule auch in andere Handwerksberufe reingeschnuppert, hat Praktika absolviert – aber die Arbeit in der Backstube begeisterte ihn am meisten. So lernte er in Leipzig den Beruf des Bäckers und schloss direkt eine Meisterausbildung in Dresden an. „Es gibt über 3000 Brotsorten“, erklärt der leidenschaftliche Brot-Bäcker. Und so nimmt er dankbar und interessiert das Erasmus-Programm des Bundesministerium für Bildung und Forschung in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst in Anspruch. In diesem Jahr war er drei Monate lang im spanischen Valencia im Back-Praktikum. Die nächsten Stationen sind 2025 Sizilien (Italien) und Dänemark, wo er für mehrere Wochen in Bäckereien arbeiten und lernen wird. „Für mich ist das wie Urlaub. Die Arbeit in den Backstuben macht Spaß und dann habe ich Freizeit, um Land und Leute kennenzulernen“, erklärt der 20-Jährige.
Brot-Genießer aus Schönborn und Umgebung dürfen gespannt sein, welch köstliche Kreationen, inspiriert von den besten Bäckern Europas, bald die traditionellen Thüringern Produkte in der Mühlenbäckerei ergänzen.
Text und Foto: Brit Wollschläger, Landratsamt Saale-Orla