Am 3. August lud das Amt für Landentwicklung und Flurneuordnung Gera zu einer Besichtigung von Projekten entlang des Grünen Bandes ein. Mödlareuth, Hirschberg, Pottiga, Blankenberg und Blankenstein waren die Stationen der Reise, die eine Fortsetzung in Richtung Probstzella und Gräfenthal finden wird. Zu Wort kamen vor allem die Initiatoren der Projekte, Vereine und Kommunen. Aufmerksame Reisebegleiter waren Vertreter des zuständigen Thüringer Ministeriums, der Stiftung Naturschutz Thüringen, der LEADER-Aktionsgruppe und des Managements der Regionalen Arbeitsgruppe des Saale-Orla-Kreises, dazu Vertreter der Planungsgruppe ILEK Grünes Band.
In Mödlareuth, erste Station der Reise, warteten 3 rüstige Rentner vor einem Rohbau im Dorfkern auf die Besucher. Der Förderverein des Deutsch-Deutschen Museums Mödlareuth e.V. ist dabei, aus einem maroden Feuerwehrhaus eine neue Begegnungsstätte für die Dorfbewohner zu schaffen. 12 Dorffeste sollen darin im Jahr mindestens stattfinden, erklärten die Vereinsvertreter Friedrich und Mergner, wofür Dorfbewohner eine ganze Menge eigener Leistungen erbringen. In Mödlareuth wird zugegriffen. Über dem alten Grenzbach steht das Museum. Zwischen 50.000 und 80.000 Besucher empfängt es im Jahr, in der neuen Begegnungsstätte wollen sich vor allem die knapp 60 Dorfeinwohner treffen.
Hirschberg war die zweite Station. Am Dorfrand über der Saale hat die Ortsgruppe Hirschberg des Frankenwaldvereins e.V. eine Wanderhütte errichtet, berichtete Vereinsmitglied Landzer. In der landschaftlich reizvollen Umgebung wandern nicht nur nur Vereinsmitglieder, sondern auch Wanderer aus ganz Deutschland sind unterwegs, genießen die herrlichen Blicke über das Saaletal. Auch am Wochenende geht man hier gern spazieren. Die Hütte steht genau dort, wo sich früher ein Beobachtungsturm der Grenztruppen befand. Von der Wanderhütte ging die Exkursion weiter, hinab in den Hag, vorbei am Museum für Stadt- und Gerbereigeschichte. Hinter dem Museum fällt eine echte Problemzone der Stadt ins Gesicht. Der schöne, alte Pferdestall der Gerberei und seine Nebengebäude stehen leer und bieten trostlose Fassaden. Gleichzeitig ist festzustellen, dass einfache Unterkünfte für Wanderer und Radfahrer am Grünen Band fehlen. Folglich laufen und radeln die Gäste vorbei.
Unvergleichlich schöner wird es hinter dem Pferdestall, im Hag, wo bereits vor Jahren eine Gondelstation für Touristen entstand. Hoch über ihr thront das Hirschberger Schloss, von dessen Höhe die Aussicht bemerkenswert ist. Unten, am Saaleufer, geht es über den Hängesteg zur langen Bank.
Weiter reisten die Besucher, fuhren saaleabwärts nach Pottiga zur Aussichtsplattform am Wachhügel. Die Idee für den Aussichtspunkt kam vom Heimatverein Pottiga. Seit der Eröffnung des hoch aufragenden Aussichtspunktes im Mai 2011 strömen die Besucher, berichtete Bürgermeister Sell. Aussichtspunkte in exponierter Lage ziehen magisch an. Nun überlegt man in der Gemeinde, ob und wie der Besucherstrom am Ort des Geschehens gastronomisch versorgt werden kann. Nicht weit entfernt und ebenfalls in der Pottigaer Flur liegt der Stollen des alten Alaunbergwerks Johanneszeche, von dem eine grüne Brücke zur fränkischen Blumenaumühle führt. 2009 wurde sie eingeweiht, unter ihr fließt die Saale, die in trockeneren Zeiten eher als Rinn-Saal(e) daherkommt. Wasserwanderer werden hier öfter ihre Boote tragen müssen.
Von Pottiga ging es nach Blankenberg. Dort angekommen, stellte Bürgermeister Wietzel ein seit 1990 umkämpftes Problemfeld am Saaleufer vor, dem über die Jahre dank beharrlicher Anstrengung vieles von seiner Schärfe genommen werden konnte. Teile des Geländes der alten Papierfabrik sind heute bereits revitalisiert. Eine Kleinwasserkraftanlage entstand, ein Teil alter Betriebgebäude hat sich in einen ansprechenden Bau für den städtischen Bauhof verwandelt. Der immer noch riesige Gebäuderest, in dem ein kostbares Stück Industriegeschichte steht, wird erhalten und gerade abschnittweise verputzt. Er ist museales Zukunftspotenzial. Nebenan liegen Schutthaufen und warten auf ihren Abtransport. Die Beräumung ist das nächste Etappenziel der kleinen Gemeinde, die so abschnittweise ihre Attraktivität in dem touristisch relevanten Bereich erhöht. Passend dazu kam an diesem Tag ein Förderbescheid des Amtes, mit dem Gelder für die Sanierung eines maroden Rückhaltebeckens in diesem Areal übergeben wurden. Man weiß das Engagement der Gemeinde zu schätzen.
Letzte Station des Tages war Blankenstein, wo sich auf dem Selbitzplan innerhalb eines Jahres eine Menge verändert hat. Das alte Kontex-Gebäude ist beseitigt, der dahinter liegende Hang unterhalb der Landstraße befestigt. Auf dem Platz wächst der Neubau einer Arztpraxis nach oben. In rekordverdächtigen Zeiten sind hier entscheidende Schritte getan worden, um das bedeutende Wanderdrehkreuz Blankenstein optisch aufzuwerten und funktional zu verbessern. Bürgermeitser Kalich fasste die zurückliegenden Arbeiten zusammen, sein Stellvertreter Keller erzählte, was geplant ist. Alle Wandertafeln erhalten neue Standorte, ein Erlebnisbereich für Kinder und Eltern wird entstehen. Woran Blankenstein mit vielen Orten am Grünen Band gemeinsam leidet, ist der akute Mangel an Übernachtungsmöglichkeiten für größere Reisegruppen. Fänden sich dafür Investoren, könnten aus schönen Haltepunkten erheblich wertvollere Aufenthaltspunkte werden, könnte mehr Geld in der Region bleiben.
Die Mittel, aus denen die an diesem Tag besichtigten Projekte gefördert wurden, entstammen unter anderem dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR. Gelder, die einst zur ideologischen Festigung der DDR-Parteien und zur Grenzziehung in den Köpfen dienten, kommen heute der Neubelebung im früheren Grenzstreifen zugute. Auch das ist ein Stück der wechselvollen Geschichte des Grünen Bandes.
Hans-Joachim Petzold / 9.8.2011